Maren Krause
Was tun bei Mobbing im Sportverein?
13.03.25 | Maren Krause ist Übungsleiterin im TSV Weddelbrook. Sie unterrichtet Kinder- und Jugendgruppen im Alter von ein bis 17 Jahren. Im Interview erklärt sie, wie Mobbing in der Sportgruppe erkannt werden kann. Anhand von Beispielen veranschaulicht sie, wie Mobbing entsteht und warum es wichtig ist, bereits bei den ersten Anzeichen einzugreifen.
Liebe Frau Krause, mit Freizeitsport verbinden wir in erster Linie Spaß und Freude an der gemeinsamen Bewegung. Doch auch in Sportgruppen kann es vorkommen, ähnlich wie in der Schule und der digitalen Welt, dass Kinder ausgegrenzt werden. Wie erkennt man Mobbing in der Sportgruppe, was sind die Merkmale?
Sichtbare Merkmale für Übungsleitende und für alle am Training Teilnehmenden sind zunächst einmal Hänseleien, Beleidigungen oder Schubsen des Kindes und Ausgrenzung.
Oftmals läuft Mobbing jedoch im Verborgenen ab. Übungsleitende und Eltern sollten beim Training und zu Hause deshalb aufmerksam werden, wenn sich das Kind anders verhält als sonst oder sich plötzlich zurückzieht: Wenn es im Training von der Gruppe oder einer Teilgruppe Abstand hält oder grundlos den Platz wechselt. Wenn es an bestimmten Spielformen nicht teilnehmen will oder dauerhafte Begleitung und Zuschauen beim Sport fordert. Oder wenn es davon spricht, die Gruppe oder Sportart wechseln zu wollen, obwohl es bisher mit Freude dabei war. Aufhorchen sollten Übungsleitende und Eltern auch, wenn das Kind ohne ersichtlichen Grund Schutz oder Trost sucht. In all diesen Fällen ist es wichtig, sensibel zu reagieren und mit dem Kind das Gespräch zu suchen.
Können Sie uns erläutern, wie Mobbing abläuft?
Mobbing beginnt häufig im ganz Kleinen und wird dadurch anfangs leicht übersehen, kann jedoch innerhalb kürzester Zeit ausufern. Ein einzelnes körperliches Boxen in Verbindung mit der Ankündigung: „Wenn du noch mal vor mir stehst, tut es beim nächsten Mal mehr weh!“, erfordert ein sofortiges Einschreiten der Übungsleitenden, um Mobbing erst gar nicht gedeihen zu lassen. Gerade im Sport betrifft es häufig einen Teil oder die ganze Gruppe und die Übungsleitenden. Es gibt die Gruppenmitglieder, die mitmachen und die, die nichts unternehmen und wegschauen. Und es gibt Übungsleitende, die beherzt handeln, wenn ein Kind belästigt wird, aber auch diejenigen, die eine solche Situation übersehen und nicht schnell genug handeln.
Was können Übungsleitende tun, um Mobbing möglichst schnell zu beenden? Wie lässt sich hier erfolgreich eingreifen? Haben Sie ein konkretes Beispiel, wie Sie eine Mobbing-Situation innerhalb einer Gruppe auflösen konnten?
Meine Erfahrung ist, dass mit der Darstellung der problematischen Situation durch den Übungsleitenden in der Gruppe, wenn möglich ohne direkte Anklage, häufig sofort eine Lösung gefunden werden und Mobbing damit im Keim erstickt werden kann. Hier ein Beispiel dazu: Die Kinder stehen in einer kleinen Warteschlange für die nächste Übung an. Der Zweite in der Reihe lässt seinen Freund und zwei weitere Jungen vor. Damit steht das Kind, das zuvor an dritter Position stand und nicht zu dieser Teilgemeinschaft gehört, plötzlich am Ende der Schlange. Die Übungsleitenden sind bei den Worten: „Guck mal, der steht schon wieder hinten“ hellhörig geworden. Durch diesen Ausspruch wurde offensichtlich, was zuvor noch nicht klar war: Diese Situation ist für das betroffene Kind nicht zum ersten Mal vorgekommen.
Das ist der Moment, an dem die Übungsleitung das Training unterbrechen und erklären sollte, dass das Verhalten unfair ist, da keines der Kinder in der Schlange hinter dem Zweiten gefragt worden ist, ob es damit einverstanden ist. In diesem Fall wurde gemeinsam mit der Gruppe die Absprache getroffen, dass niemand vorgelassen wird. Wer möchte kann zu seinem Freund hinten in der Schlange gehen, um mit ihm zusammen anzustehen.
Ein wirksamer Schutz vor Mobbing ist ein starkes Selbstbewusstsein. Wie machen Sie Kinder stark?
Ein ruhiges kommunikatives Miteinander und klare Regeln in der Gruppe helfen Kindern, den Spaß am Sport zu erleben. Wichtig ist auch, innerhalb der Gruppe stark zu differenzieren, um die Kinder dort abzuholen, wo sie stehen. So kann jedes Kind nach seinen Möglichkeiten wachsen und Erfolge erleben. Denn überforderte Kinder verlieren den Spaß am Sport und unterforderte suchen sich oftmals eine neue Beschäftigung. Das kann schnell auch mal das Mobben von leistungsschwächeren Kindern sein. Regelmäßige Aktionstage, Abzeichen, Ferienangebote, kleine Wettkämpfe, Vorführungen und Feste, an denen wirklich jede und jeder teilnehmen kann, erhöhen die Motivation und fördern die Gemeinschaft, sodass die Kinder gestärkt nach Hause gehen. Wenn es trotz allem einmal zu Unstimmigkeiten kommt, fordern wir die Kinder immer wieder auf, mit uns darüber zu sprechen, um die Situation für alle zu klären. Sie dürfen gerne auch zusammen mit ihren Eltern oder Freunden zu uns kommen.
Haben Sie Tipps für eine Vereinskultur, die Mobbing schwer macht?
Ja, eine Vereinskultur, die einen offenen, respektvollen Umgang miteinander pflegt und das Wirgefühl stärkt: Wenn jemand etwas zu sagen hat, dann hören wir zu. Probleme sind zum Lösen da und über Erfolge, egal ob klein oder groß, freuen wir uns gemeinsam. Wir leben Integration und Inklusion, denn gemeinsam sind wir stark. Ich denke, wenn sich alle gesehen und ernst genommen fühlen, hat Mobbing kaum eine Chance.
Vielen Dank für das Gespräch.